2012: Modulation von Aptameraktivität mit Licht

Im Rahmen meiner Doktorarbeit habe ich inzwischen drei Projekte, zwei davon in Kollaboration mit anderen Arbeitskreisen in Frankfurt und in Bonn, und ein Projekt welches ich alleine bearbeite. Alle drei Projekte sind im Bereich photolabil geschützter RNA angesiedelt.

Projekt 1: Lichtinduzierte Faltung von Riboschaltern
Riboschalter sind Strukturen in untranslatierten Regionen von mRNA, die je nach An- oder Abwesenheit eines Effektormoleküls Transkription oder Translation regulieren können. Bislang sind sie nur in Prokaryoten bekannt – mit einer einzigen Ausnahme des TPP(Thiaminpyrophosphat)- Riboschalters in Arabidopsis thaliana. Der jeweilige Schaltvorgang des Riboschalters resultiert aus dessen allosterischer Umfaltung, ausgelöst durch das Binden des Effektormoleküls.

Im Arbeitskreis Schwalbe an der Universität Frankfurt wurde in den letzten Jahren gezeigt, dass diese Faltungsprozesse auch mehr als nur zwei Zustände enthalten können. Zum Beispiel können die möglichen Faltungen beim sogenannten Adenin-bindenden Riboschalter aus Vibrio Vulnificus durchaus sehr komplex sein.

Um diese komplexen Faltungsvorgänge in ihrer Dynamik (auch und gerade in Abhängigkeit von äußeren Parametern) besser verstehen zu können, stellen wir Derivate der konformationell aktiven Abschschnitte der Riboschaltersequenzen her, die lichtaktivierbare Ribonukleoside enthalten. Diese können erst nach Aktivierung mit Licht mit ihrer komplementären Base paaren. Nur so können durch Variation der modifizierten Einheiten Nicht-Gleichgewichts-Zustände isoliert werden. Durch Licht als externem Triggersignal können dann die Relaxation des Nichtgleichgewichtszustand in das komplexe Gleichgewicht der vielfältigen Konformationszustände induziert werden. Die Methode, mit der diese Umfaltung im Arbeitskreis Schwalbe untersucht werden wird, ist die magnetische Kernresonanzspektroskopie (NMR). Im ersten Jahr meiner Doktorarbeit konnte eine entsprechende lichtaktivierbare RNA in den für NMR-Untersuchungen benötigten relativ hohen Mengen hergestellt, gereinigt und charakterisiert werden. Die Herstellung einer weiteren lichtaktivierbaren RNA-Sequenz steht kurz vor dem Abschluss. Die großen Herausforderungen sind hierbei die Menge und die Optimierung des RNA-Syntheseprotokolls, so dass es mit den photolabilen Gruppen kompatibel ist.
Unser Ziel in diesem Projekt ist ein verbessertes Verständnis für die (Thermo-)Dynamik der RNA- Faltung, um so z.B. verbesserte Riboschalter für das Feld der Synthetischen Biologie herzustellen.

Projekt 2: Lichtinduziertes Intramer M69
M69 ist ein intrazellular wirksames RNA-Aptamer, ein so genanntes Intramer. Aptamere sind kleine einzelsträngige DNA- oder RNA-Oligonukleotide, die eine definierte dreidimensionale Struktur haben. Sie binden ihre Zielstruktur ähnlich Antikörper nach dem Schloss-Schlüssel-Prinzip und mit einer hohen Affinität und Selektivität.
Das Aptamer M69 ist gegen eine intrazelluläre Struktur, das Cytohesin 1, gerichtet. Cytohesin 1 spielt eine wichtige Rolle als Cofaktor bei Phosphorylierungsvorgängen von Transmembranproteinen. M69 bindet Cytohesin 1 an der Sec7-Domäne, diese Domäne ist für die Phosphorylierungsvorgänge essentiell. Durch die Bindung von M69 an Cytohesin 1 wird z.B. die T-Zelladhäsion an ICAM-1 unterdrückt [Mayer et al., PNAS (2001), 98, 4961-4965]. ICAM-1 ist ein Oberflächenprotein auf T- Zellen, welches mit LFA-1, ein weiteres Oberflächenprotein auf Antigenpräsentierenden Zellen, interagiert. Diese Wechselwirkung ist essentiell für die T-Zell-vermittelte Immunantwort bei uns Menschen.
Es ist erstrebenswert Aptamere mit Licht regulieren zu können, da auf diese Art (intrazelluläre) Prozesse mit einem „harmlosen“ externen Signal sehr präzise bei freier Wahl von Ort, Zeit und Dosis kontrolliert werden können. Die Arbeitsgruppen Heckel und Mayer haben bereits gezeigt, dass man einfache Aptamere durch Verwendung ähnlicher Nukleobasen-geschützter Bausteine wie in Projekt 1 mit Licht steuern kann. Dieses Konzept soll nun auf das sehr viel komplexere Intramer M69 ausgeweitet werden. Wiederum spielen hier die komplexen Faltungsmöglichkeiten von RNA die Hauptrolle. Erschwerend kommt ferner hinzu, dass dieses Intramer mit 94 Nukleotiden relativ lang ist, so dass die Synthese selbst noch eine weitere Herausforderung ist. Eine Möglichkeit ist die Herstellung von zwei kürzeren Fragmenten und deren anschließende Ligation. Allerdings ist die Ligation von RNA deutlich weniger einfach als die von DNA.
Auch in diesem Projekt wurden erste RNA-Sequenzen bereits erhalten und die Synthese muss weiter ausgebaut werden.
Projekt 3: Synthese langer lichtinduzierbarer RNA-Oligonukleotide mittels 2‘-TC-Schutzgruppe
Wie im vorherigen Projekt angedeutet sind viele interessante RNA-Sequenzen bereits länger als die RNA-Festphasensynthese normalerweise in der Lage ist, sie zur Verfügung zu stellen. Wie ebenfalls angedeutet ist die Ligation von Fragmenten zwar eine Möglichkeit – jedoch keine triviale. Eine weitere Möglichkeit wäre die Verwendung neuer Synthesemethoden, die erst in den letzten Jahren entwickelt worden sind. Hier ist besonders die 2‘-TC (-O-(1,1-dioxo-1λ6-thiomorpholin-4- carbothioat)) – Chemie vielversprechend [Dellinger et al., JACS (2011), 133 (30), 11540-11556]. Mit den bisher gebräuchlichen Silyl-Schutzgruppen (TBDMS und tom) ist es nicht möglich RNA- Oligonukleotide mit einer Länger > 50 Basen in guter Ausbeute zu synthetisieren. Mit der neuen TC- Schutzgruppe soll die Festphasensynthese von 100meren und länger möglich sein. Neben kürzeren Kopplungszeiten von 3 bis 5 Minuten im Gegensatz zu 12 Minuten bei Silyl-geschützten Basen und höheren Ausbeuten, hat sie auch den Vorteil, dass bei der Reinigung, der damit dargestellten RNA, weniger drastische Reaktionsbedingungen nötig sind, was wiederum positiv ist für die Verwendung von komplexen Modifikationen.
Da die schnelle Herstellung von lichtaktivierbaren Modifikationen längerer RNA-Sequenzen in hohen Ausbeuten das zentrale Thema meiner Doktorarbeit ist, möchte ich nun versuchen zum einen die neue TC-Chemie in der Arbeitsgruppe Heckel zu etablieren und zum anderen neue Monomerbausteine – basierend auf TC-Chemie – herzustellen, die direkt mit den photolabilen Schutzgruppen geschützt sind. Erste Versuche der Verwendung von TC-Amiditen waren bereits erfolgreich und die ersten Synthesen photoaktivierbarer TC-Amidite sind bereits im Gange.

Eva Marie Oberhauser, Februar 2013

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